| Ratgeber - Richtig entsorgen

Kompostierbare Plastiktüten - gut gedacht, schlecht umgesetzt

Das Recherche-Team: Lennard, Tim, Ben und Julian (v.l.n.r.)

Wenn wir zu Hause Bioabfälle produzieren, kommen diese in die braune Tonne. Was für uns eine klare Sache ist, scheint sich bei manchen Menschen nicht so verinnerlicht zu haben. Fehlwürfe sind die Folge. Manchmal beruhen Fehlwürfe aber nicht auf Gleichgültigkeit, sondern auf Unwissenheit. Sie handeln im Glauben, das Richtige zu tun. Das berühmteste Beispiel dafür sind biologisch abbaubare Plastiktüten. Trotz des ökologisch anmutenden Namens haben diese nichts in der Biotonne zu suchen. Wie viele davon falsch entsorgt werden und warum sie nichts im Bioabfall zu suchen haben, möchten wir mit der folgenden Reportage erklären. Wir, dass sind Lennard, Tim, Ben und Julian (Foto v.l.n.r.) des elften Jahrgangs der GFS-Diepholz. Der Bericht zum Thema "Kein Plastik in die Biotonne" ist im Zuge des Projektes "Digitale Lernallianzen", durchgeführt von der Handwerkskammer Hannover Projekt- und Servicegesellschaft mbH und unterstützt von der Agentur für Arbeit, entstanden.

 

Ein Blick hinter die Kulissen

"Kein Bock auf Plastik im Biomüll!" Mit diesen und weiteren klaren Aussagen ruft die Kampagne #wirfürbio zur korrekten Trennung von Abfällen auf. Doch wie dringlich ist die Thematik eigentlich? Damit wir uns ein besseres Bild von der Ausgangslage machen können, haben wir das Kompostwerk im Entsorgungszentrum Bassum besucht. Dominik Albrecht, PR-Beauftragter der AWG Bassum, hat uns bei einer kleinen Führung über das Gelände die einzelnen Abläufe erklärt. Im Kompostwerk angekommen, wurde sofort sichtbar, das Plastik im Bioabfall ein Problem zu sein scheint. Zwar besteht der Großteil der frisch abgeladenen Abfälle aus Grünschnitt und Küchenabfällen. Doch hin und wieder schauen Plastiktüten in verschiedenen Farben aus der Masse heraus. Schnell haben wir auch eines der größeren Probleme ausfindig machen können: kompostierbare Plastiktüten. Hersteller verkaufen sie mit der Aussicht, der Umwelt etwas Gutes zu tun, da sie sich angeblich vollständig zersetzen. Dass sie sich zersetzen ist zwar korrekt. Allerdings ist der hierfür benötigte Zeitraum zu lang, um es dem Kompostwerk möglich zu machen,

die Tüten (nahezu) vollständig zu kompostieren. Nach Angaben der Hersteller benötigen die Tüten ungefähr zwölf Wochen, um sich zu zersetzen. Allerdings bleiben den Tüten nur sechs bis acht Wochen, um im Kompostwerk kompostiert zu werden. Durch die verkürzte Kompostierungsdauer können Reste der Tüten trotz Sortierung im Kompost bleiben. Dies schmälert die Qualität des fertigen Produktes. Durch diesen Weg landet das Mikroplastik in den Gärten Menschen oder auf den Feldern der Landwirte und schließlich wieder auf unserem Teller. Neben

den angeblich kompostierbaren Plastiktüten gibt es auch weitere Dinge, die nicht in den Bioabfall gehören. Beispielsweise wurden schon Metallteile, Gartenwerkzeuge und mehr im Kompostwerk der AWG gefunden.

 

Test in der eigenen Nachbarschaft

Das Kompostwerk der AWG war ein guter Startpunkt für unsere Reportage und bot einen Querschnitt zu der Situation im Landkreis Diepholz. Doch wie sieht es eigentlich in unserer direkter Nachbarschaft aus? Wird korrekt getrennt oder beginnt die Aufklärungsarbeit eigentlich schon wenige Meter weiter? Genau das wollten wir mit einer spontanen Kontroll-Aktion testen. Dafür haben wir uns nach Wagenfeld begeben. Im Ortsteil Haßlingen haben wir die bereits am Vorabend an den Straßenrand gestellten Bio-Tonnen kontrolliert. Zur Dokumentation haben wir Tabellen erstellt, in die wir eventuelle Fehlwürfe festgehalten haben. Bei der Kontrolle hat uns Dominik Albrecht begleitet und bei Bedarf das Gespräch mit Anwohnern gesucht, um über unsere Kontrolle aufzuklären.

Von der AWG haben wir auch Flyer und Sticker der Kampagne #wirfürbio erhalten, an der sich die AWG Bassum seit mehreren Jahren beteiligt. Die Flyer verteilten wir an Haushalte, bei denen wir Fehlwürfe in der Bio-Tonne gefunden haben. Die Sticker klebten wir auf die Bio-Tonnen, in denen wir Fehlwürfe gefunden haben. Während der Kontrolle wurden wir schnell fündig, was uns unter Berücksichtigung der Erkenntnisse bei der AWG-Bassum nicht mehr ganz unerwartet getroffen hat. Was uns allerdings überrascht hat, war die Menge der falsch befüllten Tonnen.

Während unserer Kontrolle haben wir 60 Bio-Tonnen kontrollieren können. Von den kontrollierten 60 Behältern wiesen 15 mindestens eine falsche Abfallart auf. Dies entspricht einer Quote von 25% Prozent. Die Fehlwürfe selbst bestanden hauptsächlich aus den bereits angesprochenen kompostierbaren aber auch normalen Plastiktüten. Dieses Ergebnis war für uns selbst ziemlich erschreckend. Durch die gesammelten Erfahrungen, fühlten wir uns noch verantwortlicher, dieses Thema an die Menschen heranzubringen, um die stark auftretenden Fehlwürfe zu verringern oder bestenfalls komplett zu verhindern.

 

"Je mehr Fehlwürfe, desto wichtiger die Vorsortierung"

Im Gespräch mit Maik Paul vom Kompostwerk der AWG Bassum

 

Während unseres Besuches der AWG-Bassum, haben wir außerdem ein Interview mit Maik Paul, Leiter des Kompostwerkes im Entsorgungszentrum, geführt. Nachfolgend ein Auszug von dem Gespräch.

 

GFS Diepholz: Herr Paul, können Sie sich einleitend ein wenig vorstellen und Ihren Weg bei der AWG schildern?

Maik Paul: Ich bin seit 1984 bei der AWG Bassum und habe auch hier meine Lehre gemacht, damals noch unter dem Begriff "Ver- und Entsorger". Zu Beginn war ich für die Annahme von Problemabfällen zuständig und habe auch auf der Deponie gearbeitet. Als 1990 dann das Kompostwerk gebaut wurde, bin ich gewechselt. Zu den Hauptaufgaben als Leiter des Kompostwerkes gehören unter anderem Kontrollfunktionen bei der Intensivrotte, Prozesssteuerung und die Personalvorplanung.

 

Sind in jedem Entsorgungsfahrzeug Fehlwürfe zu finden oder gibt es auch komplett "saubere" Touren?

Das ist sehr saisonbedingt. Je nachdem, was im Garten an Abfällen anfällt. Im Sommer gibt es durch die Gartenpflege genügend Grünabfall wie Rasen- oder Heckenschnitt. Im Winter ist die Tonne hingegen leerer und wird von manchen Menschen gerne als Alternative zur Restabfalltonne benutzt, wenn diese voll ist.  Aber das sind auch Ausnahmen und kein generelles Problem.

 

Inwiefern sorgt eine hohe Zahl an Fehlwürfen für einen erhöhten Arbeitsaufwand?

Je mehr Fehlwürfe es gibt, desto wichtiger und intensiver wird die Vorsortierung. Die Grünabfälle durchlaufen bei uns eine Vorsortierung. Dafür werden die Abfälle vorzerkleinert und laufen als ersten Schritt über einen Magnetabscheider, der metallene Gegenstände aussortiert. Darunter finden sich schon einmal einige Konservendosen oder auch Gemüsemesser, die aus Versehen mit den Kartoffelscheiben entsorgt werden. Aber mitunter auch schon einmal Schrauben und Hammer, die in der Biotonne natürlich nichts zu suchen haben. Danach geht es weiter zu den verschiedenen Siebtrommeln, die größere Feststoffe aussortieren.  

 

Gibt es durch die Metallteile auch Ausfälle bei den Maschinen?

Ein Totalausfall ist zum Glück sehr selten. Werkzeuge oder andere Dinge aus Metall fördern aber natürlich auch einen schnelleren Verschleiß der Maschinen. Darum haben wir regelmäßig Revisionen. Das sind Reparaturphasen, in denen wir die Anlagen des Kompostwerkes reparieren und bei Bedarf Teile austauschen. In den Wochen bleiben die Maschinen dann auch stehen.

 

Und was passiert mit den Abfällen, die in der Zeit angeliefert werden?

Dafür haben wir unter anderem Verträge mit anderen Entsorgern, die in der Zeit die Grünabfälle auffangen und für uns verarbeiten.

 

Zu den Fehlwürfen gehören ja auch Plastiktüten. Von denen sollen einige ja eigentlich kompostierbar sein. Wieso dürfen die denn auch nicht in die braune Tonne?

Wir haben hier im Kompostwerk eine so genannte Intensivrotte. Damit können wir den Kompostierungsprozess schon nach etwa acht Wochen abschließen. Die biologisch abbaubaren Plastiktüten brauchen hingegen bis zu drei Monate, bis sie sich zum größten Teil aufgelöst haben. Hinzu kommt, dass sich trotz der Vorsortierung Plastiktüten nicht komplett aus den Grünabfällen sortieren lassen. Es bleiben also Kleinstteile in der Masse zurück. Kommt der Kompost in die Vermarktung und gelangt dadurch mitunter auch auf landwirtschaftliche Felder, gelangen auch die Plastikteilchen wieder in die Natur. Dort können sie schlimmstenfalls von Tieren gefressen oder finden als Mikroplastik wieder ihren Weg in den Lebensmittelkreislauf - und dadurch auf unsere Teller.

 

 

Jeder kann helfen!

Da wir Ihnen nun das Problem und dessen Wichtigkeit geschildert haben, verstehen Sie hoffentlich, wie bedeutend das Handeln jedes Einzelnen hinsichtlich der Abfalltrennung ist. Wir alle sollten jeden Tag neu darauf achten, unsere Abfälle korrekt zu entsorgen. Dies schließt eben auch ein, keine Plastiktüten oder kompostierbaren Plastiktüten in die Bio-Tonne zu werfen. Sammeln Sie Bio-Abfälle zugunsten der Umwelt stattdessen lieber in Schalen und leeren Sie diese in Ihrer Bio-Tonne oder nutzen Sie Papiertüten. Letztere sind eine hygienische und ökologische Alternative und durch ihr Material wirklich komplett kompostierbar. Papiertüten werden in vielen Supermärkten und seit dieses Jahr auch von der AWG Bassum selber angeboten. Verkauft werden die Tüten auf den Wertstoffhöfen in Bassum, Diepholz, Melchiorshausen und Sulingen für 2,50 Euro pro 50er-Paket.

Machen Sie Ihre Mitmenschen auf das Problem aufmerksam und verbessern Sie damit die Qualität des Kompostes.

 

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