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AWG im Fachgespräch zur geplanten BEHG-Novelle
Geplante CO2-Bepreisung für Abfallverbrennung führt zu Erhöhung der Abfallgebühren um bis zu zehn Prozent / AWG Bassum im Fachgespräch mit den Bundestagsabgeordneten Peggy Schierenbeck und Axel Knoerig Landkreis Diepholz. Spritpreis, Gasumlage, steigende Preise bei Lebensmitteln. Gute Nachrichten suchen Bürgerinnen und Bürger momentan mit der Lupe. Jetzt drohen auch von Seiten der Abfallentsorgung Kostensteigerungen. Grund ist ein aktueller Gesetzesentwurf der Bundesregierung. Demnach soll das Brennstoff-Emissionshandelsgesetz (BEHG) ab 2023 auch auf Ersatzbrennstoffe aus Abfall, wie die AbfallWirtschaftsGesellschaft mbH (AWG) Bassum sie herstellt, angewandt werden. Im Ergebnis würden die Verbrennungskosten spürbar steigen. Für Bürgerinnen und Bürger des Landkreises Diepholz bedeutet dies eine Steigerung der Abfallentgelte um fünf bis zehn Prozent.
Andreas Nieweler, Geschäftsführer der AWG Bassum, hat am Montag zusammen mit Landrat Cord Bockhop in einem Fachgespräch seine Bedenken zur geplanten Novelle gegenüber Peggy Schierenbeck (SPD) und Axel Knoerig (CDU) geäußert.
Natürlich führen auch Abfälle in der Verbrennung zu einer CO2-Belastung, so Andreas Nieweler, aber: „Wir nutzen die hier anfallenden und anders nicht verwertbaren Abfallbestandteile bereits maximal, um thermische und elektrische Energie zu erzeugen. In unserem Heizkraftwerk in Blumenthal verbrennen wir Abfälle, die nicht für das Recycling in Betracht kommen und schonen damit fossile Brennstoffe.“
Im September soll im Bundestag über die Novelle debattiert werden. Geht es nach dem Entwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, wird es sogar noch in diesem Jahr verabschiedet. Die Verabschiedung der Novelle schlage im Landkreis Diepholz für gewerbliche und private Entgeltzahler im Schnitt mit 20 Euro pro Tonne CO2 zu buche, umgerechnet entspreche dies einer Kostensteigerung von fünf bis zehn Prozent. „Dies würde die viele Jahre lange Serie der Preisstabilität im Landkreis beenden. Es kann nicht die Lösung sein, die Verbrennung zwangsweise anfallender und anders nicht verwertbarer Reste quasi zwangszubesteuern“, steht für Landrat Bockhop fest.
Geht es nach der Bundesregierung, hat die geplante Änderung auch eine Lenkungswirkung. Die These: Werden mehr Abgaben auf Abfälle bei der Verbrennung erhoben, erhöht dies die Recyclingquote. „Für uns so nicht zutreffend“, sagt Nieweler. „Was hinsichtlich des Recyclings sinnvoll und wirtschaftlich möglich ist, setzen wir im Landkreis bereits um. Durch das Gesetz wird keine spürbare Steigerung der Recyclingquoten im Landkreis stattfinden.“ Stattdessen sieht der AWG-Geschäftsführer eine weitere Abgabe, die die Haushalte und Unternehmen belastet. „Und das, ohne wirklich etwas für den Klimaschutz zu erreichen.“
Diese Meinung wird auch von großen Fachverbänden der Abfallwirtschaft wie dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) und der Interessengemeinschaft der thermischen Abfallbehandlung Deutschland (ITAB) geteilt. Bockhop pflichtet dem bei. Gesetzlich zu mehr Recycling zu animieren, sei zwar verständlich. „Aber irgendwann ist ein Endpunkt erreicht. Und an diesem Punkt sind wir im Landkreis angekommen.“
Auch die Bundestagsabgeordnete Peggy Schierenbeck (SPD) zweifelt an der Lenkungswirkung der Novelle, bezeichnet eine mögliche weitere Belastung der Bürgerinnen und Bürger als kritisch. „Das Gesetz belohnt Verbraucherinnen und Verbraucher nicht für nachhaltiges Handeln und Abfallvermeidung“, so die Sozialdemokratin. Rund 35.000 Gewichtstonnen Restabfälle werden jährlich in den privaten Haushalten im Landkreis Diepholz erzeugt, circa ein Drittel davon landen in der Verbrennung. Hinzu kommen noch stofflich nicht verwertbare gewerbliche Abfallbestandteile. Für den Bundestagsabgeordneten Axel Knoerig (CDU) darf der positive Beitrag zur Energiebilanz durch Ersatzbrennstoff aus Abfall im Vergleich zu fossilen Brennstoffen nicht unterschätzt werden. "Die Einbeziehung der Abfallverbrennung in die CO2-Bepreisung halte ich für einen falschen Schritt. Es fehlt bei der Abfallentsorgung an klimafreundlichen Alternativen, auf die ausgewichen werden kann. Insofern wird die Novelle lediglich höhere Gebühren nach sich ziehen. Die Regierung sollte hier nachbessern."
Die Erweiterung des Anwendungsgebietes des BEHG fördert laut Nieweler des Weiteren die Gefahr von illegalen Abfallentsorgungen sowie die Steigerung von Abfallexporten ins europäische Ausland. „Weniger Ersatzbrennstoffe bedeuten zudem eine geringere Energiebereitstellung und macht Deutschland noch abhängiger von ausländischen Energiequellen“, ist er sich sicher. Auch sei der Zeitpunkt für eine solche Diskussion falsch gesetzt. Bis 2026 sei auf europäischer Ebene eine einheitliche Regelung für EU-Staaten vorgesehen, eine einheitliche Entscheidung an dieser Stelle besser aufgehoben. „Das BEHG ist ein nationaler Alleingang. Deutschland möchte vorweg gehen und Maßstäbe setzen“, steht für Nieweler fest. Es sei sinnhafter, eine gemeinschaftliche europäische Lösung anzustreben und keinen nationalen Alleingang.
Für Sebastian Koch, Prokurist der AWG Bassum, wird beim BEHG ein inkonsequentes Vorgehen der Regierung sichtbar. „Bei den bisherigen Richtlinien wurden immer die Hersteller einbezogen. Bei der Besteuerung jetzt an die Entsorger heranzutreten mag für die Regierung einfacher umzusetzen sein, ist aber der falsche Ansatz. Am Ende des Tages sind die Produzenten und Inverkehrbringer verantwortlich.“ Dort werde etwa Rohöl für die Produktion von Kunststoffen genutzt. Am Ende des Gespräches steht für Nieweler fest: „Wir würden die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs als Bestrafung der Landkreisbevölkerung für ihr ausgeprägtes und sehr gut funktionierende Trennverhalten empfinden.“